Gemeinsam mit der Gruppe interdisziplinärer Studierender der MSU unter der Leitung von Dr. Peterka-Benton, Leiterin des Global Center on Human Trafficking und Professorin am Department of Justice Studies an der MSU, den beiden Brandenburger Polizisten und Kriminalistik-Masterstudenten und einer Gruppe Studierender der rechtwissenschaftlichen Fakultät in Graz besuchten wir eine Reihe an Institutionen, denen im Rahmen des österreichischen Strafverfahrens eine bedeutende Rolle zukommt. Durch diese authentischen Einblicke in die Praxis der österreichischen Justiz und des Strafvollzugs sowie in die Arbeit ihrer Kooperationspartner im Bereich der Gerichtlichen Medizin, des Gewaltschutzes, der Bewährungshilfe etc. war es möglich, eine Fülle an rechtlichen, kriminologischen und kriminalistischen Fragestellungen gemeinsam zu diskutieren und anhand eines internationalen Vergleichs verschiedene Aspekte eingehend zu reflektieren.
Zu Beginn wurde durch eine Reihe an Vorträgen das österreichische Strafverfahren und die dabei dominierenden Prinzipien aus verfahrens-, und menschenrechtlicher Perspektive thematisiert und dabei ein erster Anreiz für die Teilnehmer:innen geschaffen, sowohl ihr eigenes als auch das System der anderen Länder in internationalen Diskussionsgruppen kritisch zu reflektieren. Dieses theoretische Wissen sollte eine bedeutende Grundlage für die Einordnung jener Institutionen darstellen, die uns in den nächsten Tagen einen Einblick in ihre Praxis gewährten.
Darunter etwa ein Einblick in den österreichischen Strafvollzug anhand einer Führung durch die Justizanstalt Graz-Karlau: Das im 16. Jh als Jagdschloss errichtete Gebäude wurde nach zahlreichen Umbauarbeiten in den letzten drei Jahren generalsaniert und ließ mit neuen Räumlichkeiten und innovativer Einrichtung die amerikanischen Studierenden nach eigenen Angaben als „positively shocked“ zurück. Ebenso bereichernd erschien auch die interdisziplinäre und interinstitutionelle Zusammenarbeit zwischen allen am Gewaltschutz beteiligten Stellen, die die Besuche beim Gewaltschutzzentrum Graz sowie beim Verein Neustart offenbarten. Der Wert der engmaschigen Zusammenarbeit zwischen dem Gewaltschutzzentren, den Frauenhäusern, der Männerberatung, dem Verein Neustart und auch der Gewaltambulanz Graz – die mit ihrer Gründung 2008 die älteste dementsprechende gerichtsmedizinische Einrichtung Österreichs ist und der wir ebenfalls einen Besuch abstatteten – sowie die Bedeutung der Neuregelungen im Zuge des Gewaltschutzgesetzes 2019 wurden zudem anhand einer Vortragsreihe zum Thema Gewaltschutz und Risikoprognose noch näher erläutert. Eine neue Perspektive – auch für unsere beiden deutschen Polizisten – auf den gesellschaftlichen Umgang mit und die Prävention von Suchtmittelkriminalität und -konsum boten die Vorträge des Grazer Kontaktladens, sowie der Vortrag zum Projekt „Triptalks“ und anschließende Besuch im Labor von Ao. Univ.-Prof. Dr. Martin Schmid, vom Institut für Pharmazeutische Wissenschaften. Dieser Ansatz, dass mit sogenannten „Drug-checkings“ durch die Sensibilisierung der Konsumierenden für die in Suchtmitteln enthaltenen gefährlichen Stoffe und die Sammlung wertvoller wissenschaftlicher Daten über den Bestand und die Entwicklung neuer psychoaktiver Substanzen, Drogenmissbrauch und Kriminalität bedeutend reduziert werden können, erwies sich als wichtiger Impuls einer Auseinandersetzung mit der Bedeutung des Sozialstaates und dem Strafzweck der Spezialprävention.
Nach einer Woche der gemeinsamen Eindrücke, profitierten wir schließlich auch im Rahmen des Fakultätstag noch einmal von der Expertise von Alexander Lösch und Mario Rietig, die den seitens des ZiKs gestalteten Workshop Interdisziplinäre Perspektiven auf Gewalt im sozialen Nahraum durch ihre Eindrücke aus der polizeilichen Praxis ergänzten, bevor sie wieder ihren Heimweg antraten.
Mit der Fahrt nach Wien und einer Führung im United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC) endete schließlich auch der Einblick in die österreichische Praxis für die amerikanischen Studierenden.
Zusammenfassend war diese Woche des internationalen Austauschs eine Manifestation der erfolgreichen Vernetzung und der Ermöglichung eines interdisziplinären Dialogs, die das Hans Gross Zentrum für interdisziplinäre Kriminalwissenschaften bietet. Die Woche war damit zum einen Teil einer verstärkten Zusammenarbeit mit der Montclair State University und trug zum anderen bedeutend zum Entstehen eines Netzwerks zwischen Disziplinen und Ländern bei, das auch zukünftig im Fokus der Arbeit des ZiK steht.
Für mehr Informationen über zukünftige Vernetzungsmöglichkeiten und Programme kontaktieren sie bitte: zik(at)uni-graz.at
Ein besonderer Dank geht an die beteiligten Organisationen, insbesondere an das Büro für Internationale Beziehungen und das Dekanat der Rechtswissenschaftlichen Fakultät, die uns in diesem Vorhaben so freundlich unterstützten.