MIVEA
Die Methode der idealtypisch vergleichenden Einzelfallanalyse (MIVEA) bietet eine wissenschaftlich abgesicherte und in der Praxis erprobte Möglichkeit, die für zukünftige Kriminalität relevanten Chancen und Risiken eines Menschen, sowie darauf abgestimmte Maßnahmen zu erkennen. Dabei liegt der Fokus dieser kriminologischen Methode auf der Möglichkeit der Erfassung des Einzelfalls zur Erarbeitung spezifischer Interventionsstrategien. MIVEA stellt damit einen praxisorientierten und empirisch fundierten idiographischen Ansatz der Forensischen Kriminologie zur Risikoeinschätzung dar.

Fortbildungen
Wir bieten jährlich regionale Fortbildungsveranstaltungen für alle Praktiker:innen der Strafrechtspflege und prozessbegleitende Professionen:
Der erster Teil der Fortbildungsstruktur “Kriminalprognose individuell - Gefährdung erkennen und Chancen nutzen” beschäftigt sich dabei mit den Grundprinzipien und der Forschungslogik idiographischen (‚einzelfallbezogen‘) Arbeitens im Unterschied zu aktuarischen, statistischen Risikoeinschätzungen und soll damit eine bereichernde Perspektive auf gängige Fragen des Berufsalltags für alle Praktiker:innen der Strafrechtspflege und prozessbegleitender Professionen darstellen.
Der zweite Teil des Fortbildungsprogrammes (“MIVEA Grundkurs”) richtet sich an jene Berufsgruppen, deren Arbeitspraxis die Erstellung von Berichten, Gutachten oder Vollzugsplänen einschließt und stellt eine Einführung in die Arbeitspraxis der MIVEA anhand der Bearbeitung praktischer Fälle dar.
Die dabei erlernten Kompetenzen, werden im dritten Teil des Fortbildungsprogrammes (“MIVEA Aufbaukurs”) durch eine begleitete eigenständige Erarbeitung eines MIVEA-Gutachtens erweitert und gefestigt. Das Fortbildungsangebot ist aufeinander aufbauend und die Teilnehmer:innen erhalten mit Abschluss der Fortbildungsreihe ein Zertifikat.
Zum Verhältnis von Strafrecht und Forensischer Kriminologie
Der Gesetzgeber hat an zentralen Stellen des Straf- und Strafverfahrensrechtes von einer Regelungstechnik Gebrauch gemacht, die bewusst große Ermessensspielräume eröffnet: Begriffe wie etwa die Auswirkungen der Strafe und anderer zu erwartender Folgen der Tat auf das künftige Leben des Täters in der Gesellschaft (§ 32 StGB), die schädliche Neigung (§ 33 Abs 1 Z 2 StGB) im Blick auf die Strafzumessung und die Person des Täters, sein Verhalten, sein Vorleben und sein Verhalten nach der Tat (§43 Abs 1 StGB) im Blick auf die Chancen der Legalbewährung, erfordern empirisches, spezifisch kriminologisches Wissen. Für all diese genannten Bereiche ist die Forensischer Kriminologie die zuständige empirische Wissenschaft, soweit (wie in den allermeisten Fällen) beim Täter keine psychiatrischen Auffälligkeiten etwa im Sinne § 21 StGB vorliegen.


Initiative Angewandte Kriminologie
Die ‘Initiative Angewandte Kriminologie’ (IAK) hat sich zum Ziel gesetzt jenen Wissensbestand und Methodenschatz, den es vor allem Dr. Dr. Michael Bock, ehemaliger Professor an der Johannes-Guttenberg-Universität Mainz, und seinem interdisziplinären Engagement für die Forensische Kriminologie zu verdanken gilt, weiterzutragen und aufzubereiten. Die IAK stellt damit eine Vernetzungsmöglichkeit für Forscher:innen und Praktiker:innen im Bereich der Forensischen Kriminologie dar, die die Methode fortentwickelt, Diskussionen ermöglicht und Fortbildungsformate gestaltet werden. Bei Interesse schreiben Sie uns gerne eine Nachricht an iak@uni-mainz.de.
Ausgewählte Publikationen zur Forensischen Kriminologie
Kriminologie; 5. Aufl., München: Vahlen 2019.
Angewandte Kriminologie. Ein Leseband, Eigenverlag des Instituts für Angewandte Kriminologie, Mainz 2017 (eine Sammlung publizierter und nicht publizierter Aufsätze zur Angewandten Kriminologie)
Göppinger, Hans: Kriminologie; 6. Aufl., München: Beck 2008.
Bock, Michael: Die Methode der idealtypisch-vergleichenden Einzelfallanalyse und ihre Bedeutung für die Kriminalprognose; in: Dölling, Dieter (Hrsg.): Die Täter-Individualprognose. Beiträge zu Stand, Problemen und Perspektiven der kriminologischen Prognoseforschung; Heidelberg: Kriminalistik Verlag 1995, S. 1-28.
Das Wiesbadener Verlaufsprojekt - Erste Ergebnisse einer kriminologischen Studie und Folgerungen für die jugendstrafrechtliche Praxis (Mainzer Runde 2011); Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz Rheinland-Pfalz, Mainz 2011.
Bock, Michael: Die Verwalter der Gefährlichkeit - eine Skizze zum forensischen Gutachterwesen; in: Hilgendorf, Eric / Rengier, Rudolf (Hrsg.): FS Heinz 2012, S. 609-620.
Bock, Michael: Über die positive Spezialprävention in den Zeiten des Feindstrafrechts - Die Bedeutung der Angewandten Kriminologie für eine menschliche Kriminalpolitik; in: EDICIJA CRIMEN, Bd. 16, Juristische Fakultät der Universität Belgrad, Belgrad 2010.